Donnerstag, 29. August 2013



Resfriado – was nun?

Was man Europa größtenteils gar nicht besonders erwähnt, ist hier in Panama  - und auch nach meiner Erfahrung in den übrigen Ländern von Lateinamerika - wichtig. Da wird ein Wind gemacht, als meinte man, jemand läge im Sterben

Resfriado heisst übersetzt, Erkältung. Mein Nachbar geht nicht arbeiten. Ich frage ihn, warum er heute nicht arbeitet. Leicht entrüstet und verwundert antwortet er, ich bin krank, ich habe eine resfriado.

Estoy resfriado y tengo dolores de garganta y de cabeza, heisst: Ich bin erkältet und habe Hals- und Kopfschmerzen. Aber eigenartiger Weise akzeptiert dies jeder Arbeitgeber hier, in Deutschland würde das keineswegs akzeptiert, man würde sich anstellen, heisst es dort. Aber das geht hier ja noch weiter.

In der Regel geht man zum Arzt, der schreibt dann, wie in den 50er und 60er Jahren Deutschland, 3-5 Medikamente auf, die man einnehmen soll. Und wenn der Arzt das sagt, wird das auch genommen. Man geht dann zur Apotheke (heisst hier Farmacia) und holt sich alles ab. Ist man versichert, kostet das alles kaum etwas, vielleicht 1-2 Dollar. Ist man nicht versichert kostet das etwas unter 10 Dollar, es wird dann das billigste verkauft. Man kann hier im übrigen fast alle Medikamente kaufen, ohne Rezept, wie im Supermarkt (in den Supermarktketten selbst haben sie seit einiger Zeit auch Abteilungen für Medikamentenverkauf).

Dabei werden die Packungen geöffnet und ein Teil entnommen. Brav schlucken dann die Leute alles das, was man ihnen mitgegeben hat in der Farmacia. Der andere Weg ist der, man geht nicht zum Arzt, sondern direkt in die Farmacia und fragt dort die Verkäuferin (muss ja nicht der Apotheker selbst sein), was sie gegen Erkältung haben. Je mehr Sachen man angibt, wo es schmerzt, je mehr wird verkauft. Die Reste werden dann übrigens zuhause gelagert, für später, Verfallsdaten gibt es keine, stehen ja auch nicht auf dem Tütchen, in dem die Teilmenge in der Farmacia abgegeben wurde.

Ich habe mich oft gefragt, warum die hier so einen Zirkus machen, wenn jemand erkältet ist. Mit der Zeit habe ich herausgefunden, dass diese Leute hier in Lateinamerika aufgrund des wunderbaren Klimas sehr verwöhnte Körper haben. Und früher war es in der Tat so, dass mit der Erkältung schwerere Krankheiten einhergingen bzw. durch die Schwächung des Körpers begonnen haben. Das war natürlich dann gefährlich und konnte lebensgefährlich werden, wie Einheimische sagen, wenn sie von früher erzählen. Offensichtlich - oder gar begründet – wird daher heute noch immer sofort und heftig reagiert, wenn jemand auch nur leicht erkältet ist.

Für Europäer, die offensichtlich aufgrund ihres Lebensraumes (Klimas) und auch der damit verbundenen genetischen Veranlagung über grosse Zeiträume (viele Generationen) hinweg, eine Erkältung hier in Lateinamerika locker wegstecken, ist daher Resfriado mit anderen Augen zu sehen.

Meist nach einer Woche ist dann die Erkältung vorüber. Ich mache dann immer den folgenden Witz: Wenn du Medikamente nimmst, dauert deine Erkältung eine Woche, ohne Medikamente dauert sie nur 8 Tage. Viele lächeln, aber ich bezweifele, ob sie es verstanden haben. Ich habe mehrmals im Jahr eine Erkältung hier, aber sie dauert bei mir meistens nicht mal einen Tag, selbstverständlich ohne jedes Medikament, schließlich muss der Körper solche Widerstäände haben oder sie selbst aufbauen.  

Warum sie denn immer soviel aufschreiben, frage ich einen Freund, der Arzt ist. Na ja, wenn es nur eine Medizin wäre, sagt er, dann kann man davon doch nicht gesund werden. Deshalb muss es ja auch mehrere Sachen geben, um wieder gesund zu werden.

Wer`s glaubt, wird selig ….
Ramiro